Brücken schlagen - Fahrradtour von Saint-Gilles nach Bubenreuth

Vom 4. bis zum 20. April 2024 waren fünf Bubenreuther mit ihren Fahrrädern unterwegs, um die Städtepartnerschaft mit unserer bretonischen Partnergemeinde zu vertiefen, und um die Entfernung zwischen unseren beiden Gemeinden zu „erfahren“. Mit dabei waren Gabi Pfeiffer, Silke Becker, Siggi Halbig, Jesko Söllner und Olaf Köbernick. Hier ein paar Eindrücke von Gabi und Olaf.

Für den Aufruf im Gemeindeblatt zur Teilnahme an der Fahrt von Saint-Gilles nach Bubenreuth haben sich einige Interessenten aus Bubenreuth gemeldet. Letztendlich machen wir uns zu fünft mit einem Begleitfahrzeug auf den Weg. In Nordfrankreich kommt der Wind meistens aus Westen – somit ist klar, dass wir in Saint-Gilles starten müssen, um möglichst viel Rückenwind mitzunehmen.

 

Bretagne

Olaf: Den Auftakt macht – nach dem obligatorischen Besuch in der Creperie „Florentine“ mit all unseren Gastgebern – eine zweitägige Radtour um Saint-Gilles herum. Wir haben diese Tour bereits im Vorjahr mitgemacht – dort entstand bereits die Idee, dieses Jahr „ein wenig weiter“ zu fahren. Zur Auswahl stehen in diesem Jahr vier verschiedene Distanzen zwischen 27 km und 92 km.

 

 

Mit unseren Gastgebern am Start in Saint-Gilles
 

Wir kennen es schon vom Halbmarathon – samstags arbeitet die halbe Sportsektion ehrenamtlich an der Strecke und an den Verpflegungsstationen, um ein perfektes Sporterlebnis zu garantieren, und abends treffen sich dann die Helfer, um gemeinsam ein wenig zu feiern. Auch dazu werden wir eingeladen, was wir – mit zwei Fässern Steinbach-Bräu und einer kleinen Gesangseinlage – auch gerne angenommen haben.

 

Gabi: Für den Sonntagabend hat uns die Association Franco-Allemande (AFA – Gegenstück zum Bubenreuther Verein „Ensemble“) zum Französisch-Deutschen Abend eingeladen – in privater Atmosphäre, ganz typisch mit Apero und anschließendem Menu – zwischendurch gibt es auch kleine bretonische Tanzeinlagen. Hier bekommen auch Siggi und Jesko die USSG-Trikots als „Ehrenmitglieder“.

 

 

Abschied von unseren Gastgebern - Aufbruch zur großen Fahrt

 

Montag früh Start zu viert (Silke nimmt die Strecke per TGV) von Saint-Gilles Richtung Bubenreuth! Herzlicher Abschied von unseren Gastgebern, viele Fotos vom Start und noch eine große Kiste mit allen übriggebliebenen Verpflegungen des Rennradwochenendes, die uns von unseren französischen Radfreunden ins Begleitfahrzeug geladen wurde. Und dann ist uns klar – wir machen es wirklich! Es gibt kein Zurück! Jacques aus Saint-Gilles begleitet uns bis Fougères. Gleich neben dem mittelalterlichen Schloss (an diesem Tage leider geschlossen) genießen wir in einem kleinen Lokal ein letztes Mal bretonische Galettes und Crêpes. Danach Abschied von Jacques, der nun seinen Heimweg antritt, und kurz darauf auch von der Bretagne.

 

 

Faugères - letzte Station in der Bretagne

 

Pays de la Loire

Wir überqueren die bretonische Grenze in die Region Pays de la Loire. Einzige Änderung – es gibt keine Buchweizenfelder mehr entlang unserer Route. Buchweizen brauchen nur die Bretonen für ihre Galettes. Erste Übernachtung in einem kleinen urigen Häuschen nahe Ernée. 

 

Normandie

Und schon sind wir in der Normandie. Bis Mayenne müssen wir leider auf einer Nationalstraße, der N12, fahren. Zutiefst unangenehm, weil uns auch viele LKWs überholen. Das ist aber Gott sei Dank ab Mayenne vorbei – allerdings geht es jetzt auch in den Nationalpark Normandie-Maine. Das klingt nicht nur nach Bergen – das sind auch welche. Ungefähr wie in der Fränkischen Schweiz.

Wir haben eine sehr schöne Ferienwohnung in Alençon. Gabi crashed ihr Handy – das lässt sich aber wieder reparieren. Also haben wir Zeit für einen ausführlichen Stadtrundgang, und dann kocht Jesko Abendessen. Heute mal Italienisch. Pasta con verdura. 

 

Centre – Val de Loire

Hier - riesige Felder, vor allem Raps.  Es lässt sich sehr gut fahren auf überwiegend gut asphaltierten kleinen Straßen.

Mittagsrast spontan in einem Restaurant eines kleinen Ortes – stilvoll und ganz typisch französisch mit Menü und viel Zeit. Leben wie Gott in Frankreich. Wir haben ja schließlich auch Urlaub! Unser Radfahroutfit ist in dem Ambiente kein Problem, auch wenn wir erst ein wenig kritisch beäugt werden.

 

 

Genau 20 km vor Chartre - mitten auf dem Feld - eine Riesenkirche!  
 
 

Und dann Chartres! Unsere Unterkunft ist ganz in der Nähe der außergewöhnlich schönen Kathedrale (sogar Weltkulturerbe der UNESCO). Doch trotz schnellen Bezugs des Quartiers und schnellen Duschens können wir sie nur noch von außen besichtigen. Wie so oft bei unserer Reise stellen wir fest – wir müssen noch einmal herkommen, mit ausreichend Zeit, um die Schönheiten der Natur und der Städte ausgiebig genießen zu können.

 

 

Die Kathedrale von Chart lässt sich in ihrer beeindruckenden Größe auf keinem Bild festhalten! 

 

Ile de France

Der ursprüngliche Plan war eigentlich, von Paris bis Nürnberg dem Paneuropa-Radweg Paris-Prag zu folgen. Paris müssen wir aber weiträumig umfahren – die Übernachtungspreise in Paris sind bereits ein halbes Jahr vor der Olympiade exorbitant. Also Südumfahrung von Paris, in Melun über die Seine, und dann nördlich zum Tal der Marne. Ich hätte gedacht, alles flaches Land mit viel Industriebauten. Gar nicht! Nur 50 km östlich von Paris, und dabei eine hügelige Landschaft ähnlich der Fränkischen Schweiz. Zu unserer Unterkunft in Boitron sind es am Ende 5 km Daueranstieg durch ein Waldgebiet, und oben erwartet uns ein Riesengarten.

 

 

Unser Chateau in Boitron: Wir sind schon sehr früh am ZIel, also ert einmal eine Stunde im Garten in die Sonne gelegt.

 

Grand-Est (der grosse Osten): Champagne

Daaa der Osten groß ist, war uns schon immer klar. Am bekanntesten hier sicherlich die Champagne. Allerdings – egal wo wir schauen – keinerlei Weinberge! Der allgegenwärtige Raps, in knallgelber Blüte, aber wo ist der Wein? Erst kurz vor der Einfahrt nach Epernay sehen wir ein kleines Tal mit Wein. Da hat selbst Schloß Wackerbarth mehr Weinberge! Keine Ahnung, woraus sie hier ihren Sekt – pardon – Champagner – machen! Wirklich aus Raps?

Aber klar, wenn schon mal da sind, gönnen wir uns natürlich zum Mittag auch eine Flasche Champagner.

 

 

Den haben wir uns heute verdient!

Danach geht es weiter auf Radwegen an einem parallel zur Marne verlaufenden Kanal – sehr entspannt und sehr warm bis nach Chalons-en-Champagne – letzte Station für Jesko, der morgen ab Reims seine Heimreise antritt. Wir genießen den lauen Abend in den schönen, von vielen sakralen Bauten und Fachwerkhäusern geprägten Gassen der Stadt.

 

 

Chalons-en-Champagne: Letzter Abend mit Jesko

 

Grand-Est: Lorraine 

Eine kleine architektonische Perle ist Barle-Le-Duc, mit einem sehr gut erhaltenen Quartier Renaissance. Obwohl die Etappe hierher sehr anstrengend war, gönnen wir uns noch einen zweistündigen Stadtrundgang.

 

 

Das Quartier Renaissance in Bar-le-Duc

 

Der nächste Tag startet kühler, aber es bleibt trocken! Wir verlassen den Kanal an der Marne, und es wird wieder bergiger. Aus dem Wald kommend, bergab, rasen wir schnurgeradeaus auf ein ansehnliches großes Schloss zu. Spontane Rast auf dem Schlossplatz von Commercy muss sein! 

Später erfahren wir von unseren französischen Freunden, mit denen wir über eine whatsapp Gruppe während unserer gesamten Reise in Kontakt sind und so von ihnen „begleitet“ werden, dass in diesem Ort am Hofe von König Stanislaus die kleinen französischen Gebäckstücke Madeleines das erste Mal gebacken wurden

 

König Stanislaus hat auch die Stadt Nancy geprägt – die Hauptstadt der Herzöge von Lorraine mit sehenswerter Architektur. Auch hier wieder – Welkulturerbe der UNESCO – ein Ensemble dreier Plätze. Und gleich daneben wohnen wir – unsere wohl schönste Unterkunft. Und hier auch endlich, wenn auch nur als Vorspeise – zum Abend eine Quiche Lorraine.

 

 

Unsere Unterkunft in Nancy - wir hatten leider vergessen, das Licht auszuschalten!
 

Gerade von Nancy bis Zilling kommen wir so super voran. Wege wieder am Kanal (zwischen Marne und Rhein). Einziger Nachteil – der Sturm vom Vortag hatte zahlreiche Äste und Zweige von den Bäumen geholt, und das bescherte Olaf gleich zwei Platten an einem Tag. Also - Verabredung mit dem Begleitfahrzeug bei einem Bäcker – kurzes Aufwärmen und kleiner Snack. Olaf wird mitsamt  seinem Fahrrad aufgeladen.  Die letzten Kilometer bin ich nun also alleine unterwegs. Eine Regenfront naht - also trete ich in die Pedalen (wärmt ja auch). Doch plötzlich finde ich mich auf einer vierspurigen Straße wieder. Ups – hat hier die Navigation versagt? Also bei der nächsten Ausfahrt, zum Glück war sie nicht weit, schnell wieder runter und Einfahrt in Zilling – unsere letzte Übernachtung in Frankreich.

 

 

Wohl einmalig in Europa - ein Kanal mitten durch den See gezogen

 

Grand-Est: Elsac

Die Begrüßung im Elsaß ist eher ein „unfreundlicher Akt“. Kurzer Halt, um das Schild des Departements zu fotografieren, und schon habe ich den nächsten Platten. Aber inzwischen entwickeln wir darin eine gewisse Routine. Kurzer Info an das Begleitfahrzeug, und eine halbe Stunde später ist Siggi da, und es geht zur nächsten Werkstatt.

Zum Mittag hätten wir liebend gerne noch einen Flammkuchen probiert. Das Restaurant ist voll, aber es gibt keine Karte, sondern nur ein Tagesmenu. Na gut, das nehmen wir dann. Zum Elsässer Riesling.

Gegen drei Uhr – nach 800 Kilometern durch Frankreich, stehen wir wieder am Rhein. Hinter uns die Sonne, vor uns der Rhein, dahinter Deutschland mit vier Tagen eiskaltem Regenwetter. 

 

Schön hier, aber waren Sie schon mal in Baden-Würtemberg?

Natürlich können wir den Rhein nicht auf einer profanen Autobahnbrücke überqueren. Also nehmen wir in Rastatt die Fähre über den Rhein.

 

 

Mit der Fähre über den Rhein

 

Der Wetterbericht für die letzten vier Tage fordert uns regelrecht auf, vorzeitig abzubrechen. Dauerregen, und nur noch einstellige Temperaturen. Unsere Übernachtung in Karlsruhe erreichen wir gerade noch im Trocknen. Geht doch! Der nächste Tag von Karlsruhe nach Heilbronn ist schon heftiger. Aprilwetter eben – Graupelschauer, und dann wieder Sonne. Und – es ist das badische Weinland. Also schickt uns Komoot aus purer Boshaftigkeit auf jeden einzelnen Weinberg hoch.

 

Die vorletzte Etappe ist die härteste. War von Anfang an klar, aber daß zu den 1.100 Höhenmetern bis Rothenburg nun auch noch Dauerregen bei maximal 5°C kommt, war so nicht gebucht! Wir schauen uns an. Abbruch oder alle ins Auto? Nö, wenn wir bis hier gekommen sind, dann schaffen wir auch diese sibirische Etappe. Die meisten Höhenmeter liegen in den Anstiegen nach den drei Flüssen Kocher, Jagst und Tauber.

 

Franken (naja, eigentlich Bayern)

Die Tauber ist die Ausnahme. Das geht es zwar auch noch mal hoch, aber oben liegt das Ziel. Irgendwie schaffen wir es dann doch hoch. Diesmal die lokale Jugendherberge, aber schöner als in einem mittelalterlichen Gebäude im Zentrum von Rothenburg kann eine Jugendherberge nicht liegen. Clara ist gekommen, um am letzten Tag das Begleitfahrzeug zu übernehmen, damit wir alle auf der letzten Etappe gemeinsam in Bubenreuth einfahren können.

Letzter gemeinsamer Abend, also schließt sich hier im „Reichsküchenmeister“ unsere kulinarische Reise von der bretonischen bis zur fränkischen Küche. Es gäbe auch Schäufele. Aber da im Elsaß der Flammenkuchen ausgefallen war, nehmen wir doch den Flammenkuchen Gorgonzola mit Birne, Honig und Walnüssen. Auf jeden Fall die bessere Wahl!

 

 

Der nächtliche Marktplatz in Rothenburg ob der Tauber
 

Am Samstag dann auf zur letzten Etappe. Der Regen hat aufgehört, eilig haben wir es auch nicht – von der Rennleitung kommt die Vorgabe, erst viertel vor vier am Mausloch anzukommen.

Allmählich kommen wir durch erste Orte, deren Namen uns vertraut vorkommen. In Niederndorf kommen wir dann endlich auf Straßen, die wir von unseren RTFs schon kennen. Frauenaurach. Bruck. Eine Stunde zu früh, und leider nur die Eisdiele offen. Egal, nehmen wir halt einen oder zwei Kaffee.

 

 

Gabis Paradebeflaggung für die Abschlussetappe
 

Und dann sind wir endlich am Mausloch. Bubenreuth! Erstes Empfangskomitee am Ortseingangsschild. Jeder bekommt einen Loorbeerkranz umgehängt. Fahr erst mal mit so einem Kranz auf dem Rennrad! Immer wieder Applaus entlang der Strecke. Zwei meiner Fußballjungs kommen ab dem Eichenplatz auf ihren Rädern mit uns mit. Und dann großer Empfang am Rathaus.

 

Ein Willkommensgruß ist über die Straße gespannt. Am Rathaus wurden neben der fränkischen Flagge mit dem Bubenreuther Wappen auch die französische und die deutsche gehisst.

Der Bürgermeister erwartet uns, ebenso Mitglieder des Vereins Ensemble, viele Freunde und Bekannte, die Familie.

 

 

Am Ziel - Empfang vor dem Rathaus in Bubenreuth
 

Auch die Presse ist da. Wir sind  überwältigt. Wir sind doch nur Fahrrad gefahren! Es wird viel gefragt, erzählt, von der Reise, den Erlebnissen und Erfahrungen. Müdigkeit, schwere Beine und Kälte der letzten Tage sind vergessen.

Es ist einfach schön, angekommen zu sein!

 

Text und Fotos: Gabi Pfeiffer und Olaf Köbernick